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Corona-Pandemie: Was bei M&A Transaktionen zu beachten ist


Die Corona-Pandemie kann sich auch auf Fusionen und Übernahmen, sogenannten M&A Deals, auswirken. Unternehmen sollten sich schon jetzt über die Risiken, Chancen und mögliche Schutzmaßnahmen klar werden, so eine Expertin.

Die Folgen der Corona-Pandemie sind derzeit noch schwer abschätzbar. Ökonomen sind sich  allerdings einig: Das Virus und seine Folgen werden Deutschland auch wirtschaftlich schwer treffen. Das Münchner Ifo-Institut rechnet derzeit mit Kosten in Höhe von Hunderten von Milliarden Euro.

„Ist die Geschäftslage schlecht, hat das typischerweise auch Auswirkungen auf M&A Deals. Die Akteure auf dem M&A Parkett sind weniger risikobereit und aus einem Verkäufermarkt kann schnell ein Käufermarkt werden“, so Marina Arntzen, Expertin für M&A-Transaktionen bei Pinsent Masons, der Kanzlei hinter Out-Law. Der Verkäufer müsse sich daher in Krisenzeiten darauf einstellen, erhebliche Zugeständnisse zu machen, etwa bei Haftungshöchstgrenzen und Garantiezusagen. „Beide Parteien sollten damit rechnen, dass jederzeit unerwartete negative Entwicklungen auftreten können und sollten daher bereits zu Beginn der Verhandlungen mögliche Szenarien durchspielen und die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür schaffen. Die Parteien sollten insbesondere eine Klausel in den Unternehmenskaufvertrag aufnehmen, die Rücktrittsmöglichkeiten wegen der Auswirkungen der Corona-Krise regelt“, so Arntzen weiter.

Experten rechnen damit, dass durch die Krise insbesondere internationale Investoren an einem Kauf von finanziell geschwächten deutschen Unternehmen interessiert sein werden. Das sei gerade in der Infrastruktur- und Mobilitätsbranche wahrscheinlich. „Auch und gerade in Krisenzeiten werden weiterhin M&A Transaktionen stattfinden – voraussichtlich aber mit einer geringeren Anzahl als vor der Krise und mit weniger Volumen: Unternehmenswerte werden sinken“, so Arntzen. Dabei könne die Pandemie sich auf vielfältige Weise auf laufende und geplante M&A Transaktionen auswirken und werde die beteiligten Akteure vor Herausforderungen stellen.

Term Sheet

„Zu Beginn einer M&A Transaktion wollen die meisten Parteien die wesentlichen Konditionen des M&A Deals zumindest ‚moralisch‘, gelegentlich aber auch mit rechtlichen Folgen, in einem Term Sheet festhalten“, so Arntzen. In der Regel enthalten solche Term Sheets die groben Rahmenbedingungen wie etwa die Vertragsparteien, das Kaufobjekt, den Kaufpreis, Vertraulichkeitsregelungen und wer welche Kosten zu tragen hat. Derzeit empfehle es sich, dass die Parteien in dem Term Sheet auch schon festhalten, ob der Unternehmenskaufvertrag spezielle Rücktrittsmöglichkeiten wegen der Auswirkungen der Corona-Krise vorsehen sollte.

Due Diligence

Die sogenannte Due Diligence-Prüfung soll es ermöglichen, Risiken beim Zielunternehmen zu identifizieren und einschätzen. Hierzu werden in der Regel vom Verkäufer in einem Datenraum sämtliche relevanten Dokumente über die Entwicklung des Unternehmens innerhalb eines gewissen Zeitraums gesammelt und durch den Käufer geprüft.

„Verkäufer sollten in Erwägung ziehen, im Datenraum Informationen über die möglichen Auswirkungen des Virus auf das Zielunternehmen aufzunehmen und gegebenenfalls geeignete Notfallpläne offenzulegen“, so Arntzen. „Dementsprechend sollten auch Käufer bei der Due Diligence-Prüfung besonders darauf achten, ob das Unternehmen krisenfest aufgestellt und in der Lage ist, auf die Folgen der Corona-Pandemie angemessen zu reagieren. Gerade das Insolvenz-Risiko, Kündigungs-, Rücktrittsrechte und gegebenenfalls die Möglichkeit der Einhaltung von Lieferketten sollte genau überprüft werden.“  

Gewährleistungen und Zusicherungen

Gewährleistungen und Zusicherungen sind häufig das Herzstück von Unternehmenskaufverträgen, so Arntzen. Während der Käufer möglichst umfangreiche Gewährleistungen und Zusicherungen erhalten möchte, ist Ziel des Verkäufers, möglichst wenige abzugeben, um das Risiko einer Inanspruchnahme zu minimieren. Für eine falsche Darstellung haftet der Verkäufer üblicherweise im Rahmen von Schadensersatz. Gewährleistungen und Zusicherungen können sich auf viele Themen beziehen. „Vor dem Hintergrund der Corona-Krise sollten Käufer und Verkäufer insbesondere die Ausgestaltung von  Garantien genau prüfen, die sich etwa auf die Werthaltigkeit von Vermögenswerten beziehen oder auf die rechtliche Einhaltung von Umwelt-, Gesundheit- und Sicherheitsvorschriften.“

Kaufpreis

In Unternehmenskaufverträgen gibt es mehrere Möglichkeiten für die Parteien, den Kaufpreis und die entsprechenden Regelungen auszugestalten. Die gängigsten Varianten sind Festkaufpreise mit sogenannten „Locked Box“-Kauseln. Dabei errechnet sich der Kaufpreis beispielsweise anhand des letzten Jahresabschlusses. Es findet keine nachträgliche Anpassung des Kaufpreises statt. Stattdessen enthält der Kaufvertrag Bestimmungen, die Veränderungen im Vergleich zur Referenzbilanz verhindern sollen.

Anders verhält es sich bei einem vorläufigen Kaufpreis mit späterer Kaufpreisanpassung. Dabei einigen sich die Transaktionspartner zunächst auf einen Basiskaufpreis. Er wird nach Vertragsabschluss auf Grundlage einer Stichtagsbilanz angepasst – so sollen sich etwaige Unternehmensrisiken im Zeitraum zwischen Vertragsabschluss und tatsächlicher Übergabe auf die an der Transaktion beteiligten Unternehmen verteilen.

„In den vergangenen Jahren hat sich im Markt gezeigt, dass Festkaufpreise mit sogenannten „Locked Box“-Kaufpreisklauseln beliebt sind. Aus Verkäufersicht sollten Kaufpreisanpassungen auf Basis von Stichtagsbilanzen derzeit vermieden werden, wenn es Szenarien gibt, die beispielsweise zwischen Vertragsschluss und Vollzug zu einer Minimierung des Umlaufvermögens führen können und der Verkäufer dadurch ausgleichspflichtig würde. Es ist wahrscheinlich, dass die Corona-Krise dem Käufer einen Anlass dazu geben wird, den Kaufpreis nach zu verhandeln und eine Kaufpreisanpassung zu verlangen.“

Rücktritt vom Unternehmenskaufvertrag mittels MAC-Klauseln

Die Corona-Krise wird durch die derzeit nicht absehbaren Folgen in einigen Fällen zu einem Abbruch der Verhandlungen und in anderen Fällen zu einem Rücktritt von bereits abgeschlossenen Verträgen führen, so Arntzen. Möchte eine Partei von dem bereits abgeschlossenen Vertrag zurücktreten, kommen die sogenannten Material Adverse Change (MAC) Klauseln ins Spiel. Im Falle einer wesentlichen nachteiligen Veränderung der Geschäfte oder der finanziellen Lage der Zielgesellschaft regeln Sie das Recht auf Rücktritt von einer vereinbarten Transaktion. „In Deutschland finden sich die MAC-Klauseln eher selten in Unternehmenskaufverträgen. Es bleibt aber abzuwarten, ob sie durch die Krise eine Renaissance erleben werden“, so Arntzen. Sie hält ein Wiederaufleben der MAC-Klauseln für denkbar, denn sie ermöglichen den Parteien vom Vertrag zurückzutreten, wenn sich das Zielunternehmen wirtschaftlich substantiell verändert hat. „Kritisch zu sehen ist, dass das Transaktionsrisiko dabei sehr ungleich verteilt wird, denn es wird stark auf den Verkäufer verlagert. Der Käufer hingegen erhält die Möglichkeit, vor dem Geschäftsvollzug eine Kaufpreisminderung zu erzwingen, indem er mit einem Rücktritt vom Vertrag droht.“ Haben die Parteien eine solcher MAC-Klausel vereinbart und der Abbruch der Verhandlungen steht vor der Tür, so hängt von der individuellen Ausgestaltung der Vertragsklausel ab, ob die Partei aufgrund der Pandemie vom Vertrag zurücktreten kann.

„In der aktuellen Situation ist den Parteien dennoch zu empfehlen, eine Klausel in den Vertrag aufzunehmen, die Rücktrittsmöglichkeiten wegen der Auswirkungen der Corona-Krise regelt. Dabei sollte diese Klausel einerseits speziell auf die Zielgesellschaft zugeschnitten sein und andererseits auch der Fall der wesentlichen nachteiligen Veränderung der Geschäfte oder der finanziellen Lage der Zielgesellschaft sehr konkret definiert werden: Die Parteien sollten festlegen, was sie unter einer wesentlichen nachteiligen Änderung aufgrund der Corona-Pandemie verstehen und welche Folgen sie auf die Transaktion haben soll. Gegebenenfalls sollten sie auch festlegen, dass die MAC-Klausel nachteilige Veränderungen – wie etwa durch die Krise veränderte nachteilige Markt- und Branchenbedingungen – gerade nicht erfasst“, so Arntzen.

Störung der Geschäftsgrundlage

Eine weitere denkbare Möglichkeit, um abgeschlossene Verträge anzupassen, sieht Arntzen in der Berufung auf die Störung der Geschäftsgrundlage. Gerichte stellen jedoch erfahrungsgemäß sehr hohe Anforderungen an ein Rücktrittsrecht bei Berufung auf eine Störung der Geschäftsgrundlage. „Ob eine solche verlangt werden kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere müsste ein bestimmter Umstand Vertragsgrundlage geworden sein und sich nach Vertragsschluss schwerwiegend geändert haben. Es geht also um eine Risikoallokation zwischen den Parteien. Im Hinblick auf die Corona-Krise wird diese allerdings schwer durchzuführen sein.“ Typischerweise werde in den meisten Unternehmenskaufverträgen ohnehin das Berufen auf die Störung der Geschäftsgrundlage ausdrücklich ausgeschlossen, da Gerichte sehr hohe Anforderungen an eine Änderung der Vertragsbedingungen und noch höhere Anforderungen an ein Rücktrittsrecht stellen.

Corona-Pandemie und geplante Transaktionen

„Im Fokus von Finanzierungs- und Unternehmenstransaktionen steht die Geschäftslage des Zielunternehmens. Die Parteien sollten sich damit befassen, wie sich die Geschäftslage des Zielunternehmens vor dem Hintergrund der Corona-Krise voraussichtlich entwickeln wird“, so Arntzen. Dabei sollten sie sich fragen, ob sich ein Kauf- oder Verkauf des Unternehmens zum aktuellen Zeitpunkt, insbesondere unter Berücksichtigung des Sektors, in dem das Zielunternehmen tätig ist, überhaupt oder vielleicht sogar gerade jetzt anbietet und wie sich die aktuelle Situation auf die Bewertung der Zielgesellschaft auswirkt.

Vertragsverhandlungen während der Pandemie

„Praktisch stellt sich derzeit die Frage, ob Vertragsverhandlungen ebenso gut ausschließlich per Telefon und Videokonferenz geführt werden können und ob die vorgenannten Aspekte die Transaktion möglicherweise verzögern oder vielleicht sogar beschleunigen“, so Arntzen weiter. Notare blieben aller Voraussicht nach trotz Corona-Pandemie an das gängige Beurkundungsverfahren gebunden, die Präsenz der Parteien wäre somit bei der Beurkundung weiterhin erforderlich.

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