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Bundeskartellamt nimmt Ausnahmen von 50+1 Regel der DFB in den Blick


Auch nach der jüngsten Rechtsprechung des EuGH hat das Bundeskartellamt keine grundsätzlichen Bedenken gegen die 50+1 Regel im deutschen Fußball, will jedoch die Ausnahmen von der Regel näher prüfen.

Wie das Bundeskartellamt (BKartA) mitteilte, gibt es trotz der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) keine grundlegenden Bedenken gegen die 50+1-Grundregel im deutschen Fußball. Das BKartA kündigte jedoch an, die Lizenzierungspraxis der Deutschen Fußball Liga (DFL) genauer zu untersuchen. Dabei wird im Vordergrund stehen, ob die Ausnahmen von der 50+1 Regel im Einklang mit dem Wettbewerbsrecht stehen.

 

„Dies ist durchaus angebracht“, so Dr. Markus J. Friedl, Experte für Sport bei Pinsent Masons, „denn es stehen mildere Mittel als die 50+1 Regel zur Verfügung, wie beispielsweise die Implementierung eines Anforderungskatalogs durch die DFL, die Durchsetzung von Financial-Fairplay-Regelungen oder auch ein Abschmelzen der Regel auf 25Prozent+1.“

Deutsche Fußballvereine können ihre Profifußballer-Abteilung in eine Kapitalgesellschaft ausgliedern, um zusätzliche Mittel, zum Beispiel von Investoren, zu erhalten. Allerdings darf sich eine Kapitalgesellschaft nur dann am Fußballbetrieb beteiligen, wenn der Mutterverein mehr als 50 Prozent der stimmberechtigten Anteile – oder bei einer Kommanditgesellschaft auf Aktien die Stellung des Komplementärs – innehat. Diese Regel wird als „50+1“-Regel bezeichnet und soll sicherstellen, dass die Entscheidungsgewalt beim Verein verbleibt. Allerdings kann die DFL eine Ausnahme von dieser Regel gewähren, wenn ein Investor die Fußballabteilung des Vereins seit mehr als zwanzig Jahren kontinuierlich und maßgeblich gefördert hat. In der Bundesliga wurde drei Vereinen eine solche Ausnahmegenehmigung erteilt: Bayer Leverkusen, TSG Hoffenheim und VfL Wolfsburg. Diese Ausnahmen geraten nun, nachdem auch der EuGH sich mit Fußball-Monopolen befasst hat, erneut ins Visier der Wettbewerbshüter.

Denn Ende 2023 hatte der EuGH in einem Verfahren rund um die geplante Super League entschieden, dass die Befugnisse, die die FIFA und die UEFA derzeit haben, nach dem EU-Wettbewerbsrecht unrechtmäßig sind. Der EuGH stellte fest, dass die FIFA und die UEFA aufgrund ihrer Marktmacht, die sie vor allem als Organisatoren von Fußballwettbewerben zwischen Vereinen und bei der Verwertung der damit verbundenen Medienrechte haben, sicherstellen müssen, dass alle Kriterien, die sie für den Zugang anderer zum Markt aufstellen, transparent, objektiv, nicht diskriminierend und verhältnismäßig sind. Der EuGH hat zudem festgelegt, dass eine Ausnahme vom Kartellrecht nur für sportverbandliche Regelungen in Frage kommt, die nicht aus sich heraus besonders wettbewerbsschädlich sind.

Nach Auffassung des Bundeskartellamtes ist die 50+1-Grundregel auch im Licht der neuen Rechtsprechung noch immer ausnahmefähig. „Die neue Rechtsprechung des EuGH ändert unsere Bewertung der 50+1-Grundregel nicht grundlegend“, so Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts. „Es bleibt dabei, dass das Ziel der Vereinsprägung geeignet ist, eine Ausnahme vom Kartellrecht zu tragen. Wir halten die Regel insoweit grundsätzlich auch für verhältnismäßig. Der EuGH stellt allerdings strenge Anforderungen an die konsistente und einheitliche Anwendung von Regelungen, die von einer Ausnahme vom Kartellrecht profitieren sollen. Daher werden wir nun zunächst die Anwendungspraxis der DFL hinsichtlich der 50+1-Regel untersuchen. Das betrifft auch die Lizenzierungspraxis hinsichtlich bestimmter Clubs sowie die Vorgänge um die Investorenabstimmung der DFL im vergangenen Jahr.“

Um aus anerkennenswerten sozial-ethischen Gründen wie der Vereinsprägung eine Ausnahme vom Kartellrecht in Anspruch nehmen zu können, müsse ein Sportverband die betreffende Regel im Lichte ihrer Zielsetzung einheitlich, konsistent und diskriminierungsfrei anwenden, teilte das BKartA darüber hinaus mit. Es werde insofern untersuchen, in wie weit die DFL diesem Maßstab in der Vergangenheit durchgängig gerecht geworden ist und sich näher mit der Lizenzierungspraxis der DFL auseinandersetzen. Vor allem will das BKartA mögliche Fälle aus der Lizenzierungspraxis identifizieren, die die einheitliche Anwendung der Regel in Frage stellen könnten.

Im Juli 2023 hatte die DFL dem Bundeskartellamt angeboten, die 50+1-Grundregel beizubehalten, aber die Möglichkeit hiervon Förderausnahmen zu gewähren, aus der Satzung zu streichen. Außerdem schlug die DFL vor, dass die drei Klubs TSG Hoffenheim, Bayer Leverkusen und VfL Wolfsburg, die von der DFL eine Förderausnahme erhalten haben, unter neuen Auflagen Bestandsschutz erhalten sollen: Neben der fortdauernden Einhaltung der bisherigen Fördervoraussetzungen sollen sie zu mehr Mitgliederpartizipation und zur Zahlung eines monetären Vorteilsausgleichs verpflichtet werden. Das BKartA teilte nun mit, dass es dieses Angebot im Lichte der neuesten Rechtsprechung noch eingehender prüfen müsse.

„Die Entscheidung des BKartA trifft allerdings keine Aussage, ob die 50+1 Regel gegen deutsches oder europäisches Kartellrecht verstößt“, erklärt Arkadius Strohoff, Kartellrechtler bei Pinsent Masons, „demnach hat diese Entscheidung auch keine Bindungswirkung für Gerichte“.

Dr. Friedl fügt hierzu an: „Und aus diesem Grund wird die Diskussion um die 50+1 Regel weiter gehen. Die Anforderungen des europäischen Rechts sowie die Handhabung der Regel bei einigen Vereinen, wie beispielsweise Hannover 96, erhöhen zwangsläufig den Druck auf die DFL, entweder die Regel anzufassen oder die Ausnahme abzuschaffen. Letzteres dürfte aber unmöglich sein, denn ein Lizenzentzug des amtierenden deutschen Meisters ist undenkbar.“

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