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BMJ veröffentlicht Gesetzesentwurf zur Einführung von Commercial Courts


Das Bundesjustizministerium hat einen Gesetzesentwurf veröffentlicht, mit dem deutsche Gerichte für Verhandlungen in internationalen Wirtschaftsstreitigkeiten fit gemacht und neue Commercial Courts eingeführt werden sollen.

Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) hat am Dienstag einen Referentenentwurf des sogenannten „Justizstandort-Stärkungsgesetz“ (35-seitiges PDF/ 380 KB) veröffentlicht. Das geplante Gesetz soll den Justizstandort Deutschland stärken, indem es sogenannte Commercial Chambers und Commercial Courts sowie Englisch als Gerichtssprache für bestimmte Verfahren einführt. Bereits im Januar hatte Justizminister Marco Buschmann ein entsprechendes Eckpunktepapier vorgestellt, an das der Gesetzesentwurf anknüpft.

 

„Die Reformbemühungen des BMJ sind sicherlich auch auf die Ergebnisse einer vom BMJ in Auftrag gegebenen Studie zur Erforschung der Ursachen des Rückgangs der Eingangszahlen bei den Zivilgerichten zurückzuführen“, so Lisa Oettig, Expertin für Gerichts- und Schiedsverfahren bei Pinsent Masons. „Laut der Studie ist die Anzahl der landgerichtlichen Verfahren zwischen 2005 und 2019 um mehr als 20 Prozent gesunken, wobei nicht zu erwarten ist, dass sich dieser langfristige Trend in Zukunft umkehrt.“

Der Referentenentwurf sieht vor, dass Commercial Chambers bei den Landgerichten eingerichtet werden, an denen Wirtschaftsstreitigkeiten geführt werden können. Welche Wirtschaftsstreitigkeiten das sind, soll den Bundesländern überlassen bleiben. Sowohl das Verfahren als auch die Entscheidung der Commercial Chambers sollen vollständig auf Englisch erfolgen, sofern sich die Parteien hierauf einigen oder die beklagte Partei dem nicht widerspricht.

Darüber hinaus sollen bei den Oberlandesgerichten oder Obersten Landesgerichten Commercial Courts eingerichtet werden, vor denen privatrechtliche Wirtschaftsstreitigkeiten ab einem Streitwert von einer Million Euro verhandelt werden sollen. Auch hier sollen die Parteien das Verfahren komplett auf Englisch führen können. Eine moderne technische Ausstattung, spezialisierte Richter und frühzeitige Organisationstermine zur Planung des weiteren Verfahrens sollen Prozesse vor den Commercial Courts beschleunigen. Eine Revision gegen das Urteil eines Commercial Courts zum Bundesgerichtshof soll, anders als im Zivilprozessrechts sonst vorgesehen, zulassungsfrei möglich sein. Auch das Revisionverfahren soll in englischer Sprache geführt werden können, sofern der zuständige Senat damit einverstanden ist.

Die Entscheidungen der Commercial Courts sollen ins Deutsche übersetzt und veröffentlicht werden, wobei Geschäftsgeheimnisse jedoch bereits bei Erhebung der Klage unter Schutz gestellt würden. Der Geschäftsgeheimnisschutz würde also auf den ganzen Zivilprozess ausgeweitet, sämtliche Geschäftsgeheimnisse wären vor einer Veröffentlichung geschützt.

Sowohl vor den Commercial Courts als auch den Commercial Chambers sollen Videoverhandlungen und Videobeweisaufnahmen möglich sein.

„Die Studie des BMJ zum Rückgang der Fallzahlen bei den Zivilgerichten zeigt auch, dass die bereits existierenden englischsprachigen Kammern für internationale Handelssachen bei einigen Landgerichten in Großstädten nur äußerst selten angerufen werden“, so Johanna Weißbach, ebenfalls Expertin für Gerichts- und Schiedsverfahren bei Pinsent Masons. „Das zeigt, dass die angestrebten Reformen im Fall ihrer Umsetzung vermutlich kein Selbstläufer für die Stärkung des Justizstandorts Deutschland sein werden und die Ursachen für den Rückgang der Fallzahlen tiefer liegen.“

Interessierte Kreise haben bis zum 2. Juni Gelegenheit, Stellung zu den Vorschlägen des BMJ zu nehmen. Das BMJ wird die Stellungnahmen auf seiner Website veröffentlichen.

Erst in der vergangenen Woche hatte das BMJ zudem ein Eckpunktepapier zur Modernisierung des deutschen Schiedsverfahrensrechts vorgestellt. Das Vorhaben greift mit der Schaffung der Commercial Courts ineinander und soll ebenfalls dazu beitragen, dass Deutschland als Austragungsort für internationale Wirtschaftsstreitigkeiten attraktiver wird.

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