Out-Law News Lesedauer: 2 Min.
04 Nov 2021, 4:56 pm
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat Banken aufgefordert, das Urteil des BGH zu unwirksamen Änderungen von AGB schnell und fair umzusetzen. Ungeklärt bleibt jedoch, wann etwaige Rückforderungsansprüche verjähren.
Im April hatte der Bundesgerichtshof (BGH) Klauseln für unwirksam erklärt, die vorsahen, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen durch Banken uneingeschränkt geändert werden können, ohne dass Kunden dem aktiv zustimmen. In Folge des Urteils ist die Wirksamkeit zahlreicher AGB-Änderungen beispielsweise zu Kontoentgelten, die Banken auf Grundlage der sogenannten „stillschweigenden Zustimmung“ ihrer Kunden vorgenommen hatten, fraglich.
In einer Aufsichtsmitteilung hielt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) die vom Urteil betroffenen Banken nun dazu an, ihre Kunden über die Konsequenzen des Urteils klar und verständlich zu informieren und zu Unrecht erhobene Gebühren an sie zurückzuerstatten. Banken sollten die nötigen Rücklagen hierfür bilden und Kunden eine konkrete Stelle nennen, an die diese sich wenden können. Zudem betonte die BaFin, dass Banken ihren Vertrag mit Kunden nicht kündigen können, nur weil diese von ihrem Recht Gebrauch machen und die unrechtmäßig erhobenen Gebühren zurückfordern.
Die Aufsichtsbehörde stellte auch klar, dass Banken ihren Kunden auf Anfrage sämtliche Informationen zur Verfügung stellen müssen, die diese für die Prüfung, ob sie von dem BGH-Urteil betroffen sind, benötigen. Kunden müssen in der Lage sein, zu errechnen, wie hoch der Betrag an Gebühren ist, der an sie zurückerstattet werden muss.
Die BaFin begrüßt, dass einige Geldinstitute ihre Kunden bereits angeschrieben haben, um anders als vorher deren schriftliche Zustimmung für eine Gebührenerhöhung einzuholen. Zugleich stellte die Aufsichtsbehörde klar, dass es hierbei wichtig sei, den Kunden eine angemessene Frist für diese Zustimmung einzuräumen. Die Aufsichtsbehörde betonte auch, dass es kein fairer Umgang mit Kunden sei, wenn Banken Konten oder den Zugang zum Onlinebanking sperren und erst bei Zustimmung zur Gebührenänderung wieder freischalten. „Die Zustimmung der Kundinnen und Kunden sollte weder durch den Einsatz solcher oder anderer Maßnahmen unter Druck erreicht werden“, so die BaFin.
Die BaFin hatte die Aufsichtsmitteilung herausgegeben, da sowohl bei ihr als auch bei Verbraucherschutzverbänden zahlreiche Beschwerden über das Verhalten von Banken im Zusammenhang mit dem Urteil eingegangen waren.
Keine Einschätzung gab die BaFin dazu ab, wann etwaige Rückforderungsansprüche verjährten. „Es gibt unterschiedliche Auffassungen darüber, ob die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren greift und wann diese beginnt“, so Mark Leonard, Experte für Bank- und Finanzrecht bei Pinsent Masons, der Kanzlei hinter Out-Law.
In dieser Frage zeichnen sich bereits Unstimmigkeiten zwischen Banken und Verbraucherverbänden ab: Einige Banken, die Rückerstattungen lediglich für die letzten drei Jahre, also seit 2018, vornehmen wollen, verwiesen auf ein Urteil des BGH aus dem Jahr 2016. Damals ging es um eine Gebührenrückforderung für Erdgas, das ein Kunde von seinem Gasversorger bezog. In diesem Fall ging der BGH von einer Verjährungsfrist von maximal drei Jahren aus. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hingegen entschied im Juni dieses Jahres im Zusammenhang mit Fremdwährungsdarlehen, dass das Recht auf Rückforderung nicht verjähren dürfe, bevor Verbraucher überhaupt Gelegenheit hatten, Kenntnis von dem Anspruch zu erlangen.
„Es zeichnet sich bereits ab, dass die Entgeltrückforderungen auf absehbare Zeit die Gerichtslandschaft beschäftigen werden“, so Johanna Weißbach, Expertin für Rechtsstreitigkeiten im Bereich Finanzdienstleistungen bei Pinsent Masons. „Wirtschaftlich geht es in jedem Einzelfall um verhältnismäßig geringfügige Beträge, sodass eine individuelle Verfolgung für Verbraucher kaum attraktiv sein wird. Der Verbraucherzentrale Bundesverband plant allerdings bereits Musterfeststellungsklagen gegen Finanzinstitute, die die Rückzahlung vollständig verweigerten, und ruft Verbraucher online zur Teilnahme auf.“