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EU-Parlament votiert gegen Ausweitung des EU-Emissionshandels


Die Mehrheit der Abgeordneten im Europäischen Parlament hat gestern überraschend gegen eine Ausweitung des EU-Emissionshandels auf die Sektoren Straßenverkehr und Gebäude gestimmt.

Zwei weitere für gestern ursprünglich angesetzte Abstimmungen zu mit diesem Vorhaben zusammenhängenden Themen wurden abgesagt.

 

Das Europäische Parlament sollte über mehrere Bausteine des sogenannten „Fit-for-55“-Klimapakets der EU abstimmen. Auf der Tagesordnung standen unter anderem eine Ausweitung des europäischen Emissionshandelssystems (European Emission Trading System, EU-ETS), der neue CO2-Grenzausgleichmechanismus und der geplante Klima-Sozialfonds.

Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte im Parlament jedoch gegen die Ausweitung des EU-ETS auf die Bereiche Straßenverkehr und Gebäude. Der entsprechende Vorschlag der EU-Kommission wurde an den Umweltausschuss zurückverwiesen. Die Fraktionen im EU-Parlament gaben sich gegenseitig die Schuld für das Scheitern des bisherigen Vorschlags. Grüne und sozialdemokratische Abgeordnete lehnten ihn ab, da er durch Änderungen der konservativen Fraktionen verwässert worden sei. Der Umweltausschuss soll nun einen neuen Kompromiss erarbeiten, der im Parlament eine Mehrheit finden kann.

Christian Lütkehaus, Experte für ESG bei Pinsent Masons, äußerte Verständnis für die Vorsicht aller am Gesetzgebungsverfahren Beteiligter, sieht die aktuelle Verzögerung aber mit Besorgnis: „Wenngleich es angesichts der Tragweite der gestern zur Abstimmung gestellten Vorhaben akzeptiert werden sollte, dass Parlamentarier sich nicht einfach überrollen lassen, ist es für den Klimaschutz kein gutes Zeichen, wenn sich Fronten verhärten. Zudem nähren weitere Verzögerungen bei der Umsetzung lang vorbereiteter Gesetzesvorhaben den Verdacht, dass aktuelle wirtschaftliche Entwicklungen bereits erreichte Prioritätensetzungen zum Nachteil des Klimas wieder verschieben könnten.“

Das EU-ETS gilt als das zentrale Politikinstrument zur Reduktion von Treibhausgasen in der Europäischen Union. Bislang umfasst das System lediglich große Unternehmen aus dem Energiesektor, der verarbeitenden Industrie und der Luftfahrt. EU-Unternehmen aus diesen Sektoren müssen ab Erreichung eines gewissen Emissionsschwellenwertes für Emissionen bezahlen, die über die ihnen zugeteilte Menge an kostenlosen Emissionszertifikaten hinausgehen. Die Zuweisung der kostenlosen Emissionszertifikate dient dazu, den betroffenen Unternehmen eine Übergangsfrist einzuräumen, in welcher sie ihre Produktion klimafreundlicher gestalten können. Sie soll auch verhindern, dass die betroffenen Industrien wegen gestiegener Produktionskosten in Drittländer außerhalb der EU mit weniger ambitionierten Klimazielen abwandern (sogenanntes „Carbon Leakage“).

Ab 2026 sollten nach dem Willen der EU-Kommission auch der Straßenverkehr und der Gebäudebereich vom EU-ETS erfasst werden. Die Belastung von Privathaushalten durch die Erfassung gerader dieser Sektoren sollte nach dem Vorschlag der EU-Kommission über den Klima-Sozialfonds abgemildert werden. Über seine Einrichtung wurde jedoch nach Ablehnung der Ausweitung des EU-ETS nicht abgestimmt.

Peter Liese, Mitglied des Europaparlaments und zuständig für die Verhandlung des Dossiers, zeigte sich, wie viele Abgeordnete, enttäuscht. Er sagte, der heute in weiten Teilen abgelehnte Kompromiss habe den EU-Kommissionvorschlag sogar noch an vielen Stellen verschärft und hätte so letztlich zu mehr Klimaschutz führen können. So habe er beispielsweise auf strengere Reduktionsziele in den EU-ETS-Sektoren für das Jahr 2030 abgezielt: 63 statt 61 Prozent. Auch habe er die Abfallverbrennung miteinbezogen und den Schiffsverkehr früher mit einbezogen als von der Kommission vorgesehen. Grünen und Sozialdemokraten sei das jedoch nicht weit genug gegangen.

Der Vorschlag für ein CO2-Grenzausgleichsystem (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM), unter dem mittels der Verpflichtung zur Abgabe von CBAM-Zertifikaten eine Art „Klimazoll“ für Importe aus Ländern mit ungenügenden Klimaschutzregeln eingeführt werden soll, ging ebenfalls zurück an den Umweltausschuss. Gemäß der Begründung der EU-Kommission soll dieses System den globalen Klimaschutz fördern und für gleiche Wettbewerbsbedingungen innerhalb und außerhalb der EU sorgen. Der Grenzausgleichsmechanismus soll nach dem Vorschlag 2026 in Kraft treten und anfangs nur für den Import von Zement, Eisen, Stahl, Aluminium, Düngemittel sowie Strom in die EU gelten.

Das „Fit for 55“-Paket der Europäischen Kommission besteht aus insgesamt zwölf Legislativvorschlägen, die darauf abzielen, die Treibhausgasemissionen in der EU bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zu den Emissionen aus dem Jahr 1990 zu reduzieren. Bis 2050 will die EU klimaneutral sein. Damit die neuen Klimaschutzregeln in Kraft treten können, bedarf es der Zustimmung des Parlaments und der Mitgliedstaaten. Bei den für gestern angesetzten Abstimmungen ging es um die Position, mit der das Parlament in die Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten treten will.

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