Out-Law News Lesedauer: 2 Min.
19 Aug 2021, 5:54 pm
Der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zufolge wird Nachhaltigkeit immer mehr zum Verkaufsargument, doch nicht immer seien Finanzprodukte, die als nachhaltig bezeichnet werden, auch tatsächlich ökologisch oder sozial ausgerichtet. Um diesem Phänomen – auch als „Greenwashing“ oder „Grünfärberei“ bekannt – vorzubeugen, hat die BaFin den Entwurf einer Richtlinie für nachhaltige Investmentvermögen veröffentlicht und eine Konsultation eingeleitet. Die Richtlinie soll festlegen, wie Kapitalverwaltungsgesellschaften ihre Fonds künftig ausgestalten müssen, wenn sie diese als nachhaltig bezeichnen oder bewerben wollen. Stellungnahmen zum Entwurf können noch bis zum 6. September eingereicht werden.
Der Bundesverband Investment und Asset Management BVI bewertet den neuen Richtlinien-Entwurf als Verbesserung verglichen mit einer inoffiziellen Vorversion aus April dieses Jahres. Im neuen Entwurf sei die BaFin auf Bedenken der Branche eingegangen, dennoch seien nicht alle kritischen Punkte ausgeräumt. Experten halten das Vorhaben nach wie vor für problematisch, insbesondere, da es sich um einen deutschen Alleingang handelt:
„Es ist zu begrüßen, dass die BaFin in der konsultierten Fassung der Richtlinie etliche Kritikpunkte der Branche aufgenommen und verändert hat“, so Dorothee Atwell, Expertin für Investmentfonds und Asset Management bei Pinsent Masons, der Kanzlei hinter Out-Law. „Auch ist zu begrüßen, dass die Aufsicht sich um mehr Rechtssicherheit beim Thema Greenwashing bemüht. Allerdings ist aus unserer Sicht ein koordiniertes Vorgehen auf europäischer Ebene notwendig. Ein Alleingang der BaFin, der zu strengeren Anforderungen für den Fondsstandort Deutschland führt, als dies in den europäischen Nachbarländern der Fall ist, würde das Ziel des kürzlich in Kraft getretenen Fondsstandsortsgesetzes konterkarieren und könnte zu einer Abwanderung von nachhaltigen Fonds beispielsweise nach Luxemburg führen. Dies würde nicht zuletzt auch die Sustainability-Vorreiterrolle Deutschlands in Frage stellen.“
Die neuen Vorgaben des Richtlinien-Entwurfs sollen nur für inländische Publikumsfonds gelten, Spezial-Fonds für professionelle Anleger würden nicht darunterfallen. Betroffen wären Fonds, die Begriffe wie „ESG“, „sustainable“ oder „green“ sowie deren deutschsprachige Pendants im Namen tragen oder die in den Verkaufsunterlagen als nachhaltig beworben werden. Alle Publikumsfonds, die als nachhaltig vermarktet werden, müssten künftig einen Anteil von mindestens 75 Prozent an nachhaltigen Assets vorweisen. Dieser müsste sich in den Anlagebedingungen des Fondsproduktes widerspiegeln.
Um festzulegen, was nachhaltig ist, will die BaFin die Vorgaben der EU-Offenlegungsverordnung und der EU-Taxonomie-Verordnung heranziehen. Entscheidend wäre, dass die Investition zum Erreichen eines der dort genannten Umweltziele beiträgt, ohne dabei andere Umweltziele erheblich zu beeinträchtigen.
Der Richtlinien-Entwurf sieht drei Möglichkeiten dafür vor, wie sich die Nachhaltigkeit eines Fonds in seinen Anlagebedingungen widerspiegeln kann: Dies soll entweder durch eine Mindestinvestitionsquote, über die Anlagestrategie oder durch die Nachbildung eines nachhaltigen Index gewährleistet werden.
Bei der Mindestinvestitionsquote müsste der Fonds zu mindestens 75 Prozent in nachhaltige Vermögensgegenstände investiert sein.
Soll keine Mindestinvestitionsquote festgelegt werden, so kann stattdessen in den Anlagebedingungen geregelt werden, dass Nachhaltigkeitsgesichtspunkte bei der Wahl der Vermögensgegenstände bei mindestens 75 Prozent des Fonds von entscheidender Bedeutung sind oder dass der Fonds insgesamt eine nachhaltige Anlagestrategie verfolgt, die dann auch konkret beschrieben werden muss.
Im Fall von passiven Anlagestrategien kann die Nachhaltigkeit eines Fonds auch dadurch nachgewiesen werden, dass ein Nachhaltigkeitsindex nachgebildet wird. Die Anlagebedingungen müssen diesen Index näher beschreiben. Auch hier muss eine Quote von 75 Prozent an nachhaltigen Assets erfüllt sein.
Fonds, deren Anlagebedingungen bereits vor dem 2. August genehmigt wurden, wären von den neuen Regeln ausgenommen.
„Dieser Bestandsschutz für bereits genehmigte Fonds ist erfreulich, war er doch in der ersten Entwurffassung noch nicht vorgesehen“, so Ruth Rawas, Expertin für Investmentfonds und Asset Management bei Pinsent Masons. „Die Tatsache, dass der Schwellenwert für den Anteil nachhaltiger Assets von vormals 90 auf nun 75 Prozent herabgesetzt wurde, ist ebenfalls positiv zu bewerten. Tatsächlich dürfte es aktuell schwer genug sein, diesen niedrigeren Schwellenwert zu erreichen, da es am Markt noch an geeigneten Anlagen fehlt.“