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Deutschland hatte bereits 2013 ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger eingeführt, das jedoch 2019 vom Europäischen Gerichtshof wegen eines Formfehlers wieder gekippt wurde. Nun will der europäische Gesetzgeber ein unionsweites Leistungsschutzrecht für Presseverleger einführen, die Mitgliedstaaten müssen dies bis Juni 2021 umsetzen. In Deutschland liegt ein erster Referentenentwurf dazu vor.

Die Diskussion um ein eigenes Leistungsschutzrecht für Presseverlage gibt es bereits seit über einer Dekade. Deutschland hat es 2013 eingeführt, auch in Spanien gab es ein entsprechendes Pendant. Wirklich gebracht hat es den Verlagen aber hier wie dort kaum etwas, so jedenfalls die weit verbreitete Wahrnehmung. Zudem hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die deutsche Regelung durch sein Urteil von September 2019 wegen eines Formfehlers gekippt. Der europäische Gesetzgeber hat nun einen unionsweiten Anlauf genommen, ein solches Recht für Presseverlage zu etablieren. Die Mitgliedstaaten sind gehalten, dieses bis Juni 2021 umzusetzen. In Deutschland liegt nun ein erster Referentenentwurf auf dem Tisch.

 

Im Kern geht es darum, Presseverlage an den Einnahmen von Diensten der Informationsgesellschaft – wozu insbesondere auch Suchmaschinenbetreibern wie Google zu zählen sind – zu beteiligen, wenn diese Einnahmen unter Verwertung von Presseveröffentlichungen dort zugänglich gemacht werden.

 

Es ist ein offenes Geheimnis, dass die Einnahmen, welche Presseverlage mit ihren Erzeugnissen zu erzielen vermögen, seit Jahren erodieren. Die Erlöse aus Anzeigen sind – gerade im Printbereich als Folge der sinkenden Auflagen – massiv eingebrochen. Informationen werden zunehmend digital konsumiert. Den Presseverlagen ist es jedoch bislang nicht gelungen, diesen Trend in eine adäquate Monetisierung ihrer Online-Angebote umzumünzen. Viele Verlage sind daher in finanzielle Schieflage geraten.

Rauer Nils

Dr. Nils Rauer, MJI

Rechtsanwalt, Partner

Mit dem aktuellen Referentenentwurf  behebt der deutsche Gesetzgeber nicht allein den Formfehler aus 2013, er setzt auch Artikel 15 der DSM Copyright Directive der EU um.

Mag man dies auch als Folge natürlicher Marktprozesse werten, so kommt doch der Presse in unserer Gesellschaft eine grundrechtlich geschützte Funktion zu. Ein funktionierender Qualitätsjournalismus gilt, um mit dem Bundesjustizministerium zu sprechen, als „demokratische Institution von großer Bedeutung“. Das neue Leistungsschutzrecht soll daher die wirtschaftlichen Grundlagen der Presseverleger stärken und so dazu beitragen, die Vielfalt der deutschen Presselandschaft dauerhaft zu erhalten.

 

Mit dem aktuellen Referentenentwurf des „Gesetzes zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes“ behebt der deutsche Gesetzgeber – dies ist zu betonen – nicht allein den Formfehler aus 2013. Er setzt vielmehr Artikel 15 der EU-Richtlinie über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt (DSM Copyright Directive) von 2019 um. Diese Norm orientiert sich zwar strukturell am bislang bestehenden deutschen Schutzrecht, unterscheidet sich hiervon aber in etlichen Details, sodass es auch in Deutschland gilt, das neue Leistungsschutzrecht im Einklang mit den unionsrechtlichen Vorgaben umzusetzen.

Künftig sollen die Paragrafen 87f bis 87k des Urheberrechtsgesetzes in der Entwurfsfassung (UrhG-E) regeln, dass Presseverlage an den Einnahmen von Diensten der Informationsgesellschaft zu beteiligen sind, wenn deren Presseveröffentlichungen dort zugänglich gemacht werden.

Besonders spannend ist die Frage, wo die Untergrenze eingezogen werden soll, also eine freie Verwendung insbesondere kleinster Bestandteile von Presseveröffentlichungen möglich sine soll. Dies ist gerade für Suchmaschinen wichtig, da sie nach Möglichkeit ihre Trefferlisten und damit sogenannte „Snippets“ anzeigen können sollen, ohne dass hierfür nach dem neuen Recht bereits eine Lizenz erworben werden muss. Hier geht es mithin um eine praktikable Umsetzung einer Interessenabwägung.

Paragraf 87 nimmt daher „einzelne Wörter“ und „sehr kurze Auszüge“ aus dem Schutzbereich aus. Was aber gerade letzterer Begriff meint, ist bis dato unklar. Hier schweigen Richtlinie wie auch Referentenentwurf und bieten somit wenig Hilfe. Der dem Referentenentwurf vorausgegangene Diskussionsentwurf enthielt eine Bezugnahme auf maximal acht Worte, respektive bei Videos eine Bildfolge von bis zu drei Sekunden. Mit Blick auf Vorschaubilder sollte eine Auflösung von maximal 128 mal 128 Pixeln kostenfrei möglich sein.

Letzlich muss der EuGH über die unionsweite Auslegung der Begriffe befinden.

Der Hintergrund dieser Streichung dürfte Folgender sein: Bei den wörtlich aus der EU-Urheberrechtsrichtlinie entnommenen Beschreibungen „einzelne Wörter“ oder „sehr kurze Auszüge“ handelt es sich letztlich um autonome Begriffe des Europarechts. Es ist daher nicht an den Mitgliedstaaten, diese festzulegen. Letztlich muss der EuGH über die – unionsweite – Auslegung befinden. Dabei müssen die in der Grundrechtscharta niedergelegten Rechte gegeneinander abgewogen werden, insbesondere das Recht des Presseverlegers auf Schutz seiner Investition, das Recht auf Informationsfreiheit der Nutzer sowie das Recht des Diensteanbieters, sein Geschäftsmodell betreiben zu dürfen.

 

Hierin liegt eine entscheidende Stellschraube für das Gewicht der gesamten Regelung, denn der Informationskonsum im Netz erfolgt zunehmend über die Vorschau von Website-Inhalten in den Suchergebnissen. Sie genügen dem User oftmals bereits, um sich hinreichend informiert zu fühlen. Man wird um eine umfassende qualitative Abwägung daher nicht umherkommen. So sehr man sich daher klare Vorgaben und hinreichende Rechtssicherheit wünscht, so schwierig ist es, den nötigen Abwägungsprozess in allgemeingültige, starre Untergrenzen zu gießen. Vorzugswürdig erscheint es, hier mit Richtwerten zu arbeiten, die der Überprüfung im Einzelfall zugänglich sind.

Ob Presseverleger in Zukunft tatsächlich durch das neue Recht eine Investitionsrendite erwarten können, bleibt abzuwarten. Die oftmals kritisierte Schwäche des bisherigen deutschen Rechts, auch eine kostenfreie Lizenz zuzulassen und damit Presseverlegern im Zweifel keinen Schutz gegen marktmächtige Plattformen zu bieten, wurde ins neue Recht übernommen. Erste Lizenzverhandlung zwischen Verlagen und Online-Providern haben aber gezeigt, dass durchaus tragfähige Lösungen erzielt werden können. Dies gilt jedenfalls für die großen Tageszeitungen in Europa.

 

Alexander Bibi, wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Pinsent Masons, hat an diesem Beitrag mitgewirkt.

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