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Gericht stoppt Pflicht zum Einbau von intelligenten Messsystemen


Das Oberverwaltungsgericht Münster hat mit einem Eilbeschluss die Verpflichtung zum Einbau von intelligenten Messsystemen gestoppt. Damit dürfen – zumindest vorläufig – auch weiterhin andere Arten von Stromzählern eingebaut werden.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat in einem Beschwerdeverfahren entschieden, dass die intelligenten Messsysteme, zu deren Einbau das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Stadtwerke und andere Messsystembetreiber verpflichtet hatte, nicht die gesetzlichen Anforderungen erfüllen, da sie nicht in vorgeschriebener Form zertifiziert wurden. Die Verfügung des BSI sei daher voraussichtlich rechtswidrig.

„Messstellenbetreiber werden diese Entscheidung gründlich prüfen müssen, um daraus Rückschlüsse im Hinblick auf ihre Rollout-Strategie bisher und in Zukunft abzuleiten“, so Dr. Marc Salevic, Energierechtsexperte bei Pinsent Masons, der Kanzlei hinter Out-Law. „Viele von ihnen werden sich nun Fragen, ob solche Geräte überhaupt als intelligente Messsysteme installiert werden durften und auch weiterhin installiert werden dürfen.“

Im Februar 2020 hatte das BSI in einer Allgemeinverfügung bekanntgegeben, dass drei voneinander unabhängige Unternehmen intelligente Messsysteme am Markt anbieten, die den Voraussetzungen des  Messstellenbetriebsgesetzes aus Sicht des BSI genügten. Im gleichen Zug verpflichtete das Amt die Messstellenbetreiber, ihre Messstellen innerhalb bestimmter Zeiträume mit den intelligenten Stromzählern auszurüsten. Die Behörde verbot damit gleichsam den Einbau andere Messsysteme.

Ein Wettbewerber aus Aachen, der auch andere Messsysteme vertreibt, ging gerichtlich gegen die Allgemeinverfügung vor. Das OVG Münster hat ihm nun vorläufig Recht gegeben. Die Pflicht zum Einbau intelligenter Messsysteme ist solange ausgesetzt, bis das Hauptverfahren vorm Verwaltungsgericht Köln abgeschlossen ist. „Das hat zur Folge, dass nun vorläufig weiterhin andere Messsysteme eingebaut werden dürfen. Bereits – möglicherweise auch in Privathaushalten – verbaute intelligente Messsysteme müssen nicht ausgetauscht werden“, so das OVG Münster.

Seine Entscheidung begründet das OVG damit, dass „die Allgemeinverfügung mit der Feststellung der technischen Möglichkeit der Ausrüstung von Messstellen mit intelligenten Messsystemen voraussichtlich rechtswidrig sei“, da die am Markt verfügbaren Geräte nicht ordnungsgemäß zertifiziert wurden. Die Zertifizierung wäre jedoch nötig, um zu gewährleisten, dass die Geräte die im Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) und in den Technischen Richtlinien vorgesehenen Anforderungen an die Interoperabilität erfüllen.

Interoperabilität beschreibt die Fähigkeit der digitalen Stromzähler, Daten mit anderen Systemen – etwa denen anderer Geräte-Typen oder Hersteller – auszutauschen. Die entsprechende Zertifizierung spielt hier eine maßgebliche Rolle. Sie gewährleistet nicht nur, dass die Messsysteme mit anderen Systemen kompatibel sind, sondern auch, dass sie Vorschriften zum Datenschutz und zur Datensicherheit erfüllen. Denn schließlich erfassen die Geräte auch personenbezogene Kundendaten.

„Neben dem technischen Sicherheitsaspekt gilt es, auch das Datenschutzrecht zu berücksichtigen, denn oftmals lassen sich die erhobenen Daten konkreten Personen zuordnen“, so Dr. Nils Rauer, Experte für Digitalisierung und Datenschutz bei Pinsent Masons. „Selbst rein statistischen Daten, welche sich über intelligente Messsysteme gewinnen lassen, kommt ein hoher ökonomischer Wert zu. Sie bergen nicht nur Optimierungspotentiale bei der Versorgung mit Wasser, Strom und Gas, sondern können beispielsweise das kommunale Leistungsangebot revolutionieren.“

Anlage VII der Technischen Richtlinie TR-03109-1 des BSI legt die Anforderungen an die Interoperabilität von Messsystemen fest. Auch hier bemängelte das OVG Münster, dass die Anlage „nicht formell ordnungsgemäß zustande gekommen sei“. Das BSI habe versäumt, den Ausschuss für Gateway-Standardisierung einzubeziehen, obwohl dies gesetzlich vorgeschrieben sei. Zudem bleibe die Anlage hinter den gesetzlichen Mindestanforderungen zurück.

Das BSI dürfe zwar die technischen Richtlinien entsprechend dem technischen Fortschritt abändern, es sei jedoch nicht dazu berechtigt, „dadurch gesetzlich festgelegte Mindestanforderungen zu unterschreiten“. Wenn die dortigen Mindestanforderungen nicht erfüllbar sind, müsse der Gesetzgeber tätig werden, nicht die Exekutive, teilte das OVG Münster mit.

„Die öffentlichkeitswirksame Entscheidung wird das Bewusstsein auf Letztverbraucherseite für diese Geräte noch einmal erhöhen“, so Dr. Viktoria Lehner, Expertin für Energierecht und Datenschutz bei Pinsent Masons. „Es ist daher damit zu rechnen, dass vermehrt Rückfragen auf die Messstellenbetreiber zukommen, welche Geräte jeweils installiert werden und ob diese tatsächlich und auch langfristig den gesetzlichen Anforderungen genügen.“

Beim OVG Münster sind noch etwa 50 gleich gelagerte Beschwerdeverfahren von Messstellenbetreibern – insbesondere Stadtwerken – anhängig, über die in Kürze entschieden werden soll.

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