Out-Law News Lesedauer: 3 Min.
26 Sep 2019, 11:31 am
Die Bundesregierung hat am 18.09.2019 ihre lang erwartete Blockchain-Strategie veröffentlicht.
Der Blockchain-Strategie ist bereits im Frühjahr 2019 ein Konsultationsprozess vorausgegangen, bei dem verschiedene Stakeholder die Möglichkeit hatten, auf Fragestellungen der Bundesregierung hinsichtlich dem Einsatz der Blockchain-Technologie einzugehen.
Die Bundesregierung hat im Wesentlichen fünf Handlungsfelder identifiziert, in denen sie bis Ende 2021 Maßnahmen ergreifen möchte:
Neben den zu erwartenden Initiativen und Investitionen im Finanzsektor und der Energiebranche setzt sich die Blockchain-Strategie der Bundesregierung aber u.a. auch mit der Anwendung von Blockchain-Technologie in Liefer- und Wertschöpfungsketten sowie mit digitalen Identitäten auseinander.
Insgesamt kann die Blockchain-Strategie der Bundesregierung als positiv beurteilt werden, da sie einerseits passende Anwendungsfälle identifiziert und sinnvoll fördert, aber andererseits auch Risiken der Technologie erkennt, die sie mit behördlicher Aufsicht zu regulieren versucht.
Im Folgenden werden beispielhaft zwei Initiativen der Bundesregierung vorgestellt: Blockchain im dem Finanzsektor und die Erarbeitung klarer rechtlicher Rahmenbedingungen:
Die vielversprechendsten Anwendungsfälle für Blockchain-Technologien kommen derzeit wohl aus dem Finanzsektor. Die Bundesregierung scheint dieses Potential erkannt zu haben und möchte noch in diesem Jahr das deutsche Recht für elektronische Wertpapiere öffnen. Zwar soll die vorgesehene Öffnung zunächst auf elektronische Schuldverschreibungen beschränkt sein. Die Einführung der elektronischen Aktie und elektronischer Investmentfondsanteile soll erst in einem nächsten Schritt geprüft werden. Die Möglichkeit, zukünftig elektronische Wertpapiere auf einer Blockchain zu begeben, wird aber in jedem Fall zusätzliche Dynamik in den sich ohnehin stark ändernden Finanzsektor bringen.
Außerdem hat die Bundesregierung angekündigt, dass sie ebenfalls noch in diesem Jahr einen Gesetzesentwurf zur Regulierung des öffentlichen Angebots bestimmter Krypto-Token veröffentlichen möchte. Solche Angebote sollen nur dann erfolgen dürfen, wenn zuvor ein nach gesetzlichen Vorgaben erstelltes Informationsblatt veröffentlicht wurde, dessen Veröffentlichung die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) gestattet hat. Damit soll ein höheres Anlegerschutzniveau hergestellt werden. Dieses ist auch dringend nötig, denn die hohen Verluste, die Anleger durch teils unseriöse Initial Coin Offerings (ICOs) erlitten haben, hingen auch damit zusammen, dass die Geschädigten kaum Mittel hatten, gegen die Verantwortlichen vorzugehen.
Bereits nach dem am 31.07.2019 verabschiedeten Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten Geldwäscherichtlinie sind Dienstleister, die den Umtausch von Kryptowährungen in gesetzliche Währungen und umgekehrt aber auch in andere Kryptowährungen anbieten, als Finanzdienstleistungsunternehmen einzuordnen, welche für den Betrieb ihres Geschäfts eine Erlaubnis der BaFin benötigen. Dasselbe gilt für sog. Wallet-Provider.
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Blockchain-Strategie der Bundesregierung sowohl für etablierte Player im Finanzsektor, als auch für aufstrebende FinTechs einige Änderungen bereithält. Die Finanzinstitute werden sich mit der Öffnung des deutschen Rechts für elektronische Wertpapiere auseinandersetzen müssen. Rechtssicherheit für jüngere FinTechs schafft insbesondere die Klarstellung der Bundesregierung, dass alle öffentlichen Anbieter von Krypto-Werten und Wallet-Provider eine BaFin-Erlaubnis benötigen.
Ziel der Bundesregierung sei es, durch einen klaren und technologieneutralen Rechtsrahmen Investitionen in die Blockchain-Technologie zu sichern. Aktuell stellen sich hierbei vor allem kapitalmarkt- und gesellschaftsrechtliche Fragen, sowie Fragen des Verbraucher- und Datenschutzes.
Interessant ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Aussage der Bundesregierung, dass sie aktuell keinen Änderungsbedarf bei der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sieht, sondern vielmehr fordert, dass Blockchain-Technologien datenschutzkonform ausgestaltet werden müssen.
Dies stellt v.a. Entwickler öffentlicher, zulassungsfreier Blockchain-Lösungen vor eine Vielzahl von datenschutzrechtlichen Problemen. Nicht nur ist die datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit nach der DSGVO in öffentlichen, dezentralen Blockchain-Systemen ein bislang ungeklärtes Problem. Auch Betroffenenrechte wie z.B. das Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO oder das Recht auf Löschung gem. Art. 17 DSGVO können in öffentlichen, zulassungsfreien Blockchain-Systemen nur schwerlich durchgesetzt werden, weil es keine zentrale Instanz gibt, die diese Ansprüche erfüllen könnte. Als Übergangslösung wird derzeit der Betrieb privater, zulassungsbeschränkter Blockchain-Systeme diskutiert, bei denen die Zulassungsstelle als Verantwortlicher gem. Art. 4 Nr. 7 DSGVO fungiert. Hier zeigt sich, dass das bestehende Datenschutzrecht und die Blockchain-Technologie nicht immer kompatibel sind. Es bleibt abzuwarten, ob das ganze Potential der Blockchain-Technologie tatsächlich im aktuellen Rechtsrahmen ausgeschöpft werden kann, oder ob nicht doch eine Anpassung notwendig ist, um gerade die Vorteile sinnvoll zu nutzen, die die Blockchain-Technologie bietet (wie z.B. der Verzicht auf Intermediäre).
Im Ergebnis bleibt abzuwarten, ob hier ggf. Äußerungen der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörden oder der von der Bundesregierung angekündigte Round Table zum Thema Datenschutz und Blockchain für mehr Klarheit sorgen können.