Out-Law News Lesedauer: 2 Min.
01 Jun 2021, 1:36 pm
Die von der Deutschen Fußball Liga (DFL) und dem Deutschen Fußball Bund (DFB) festgelegte 50+1-Regel, die verhindern soll, dass deutsche Profimannschaften von Investoren kontrolliert werden, gilt hierzulande als eine der sportpolitisch umstrittensten Regelungen: Grundsätzlich können Fußballverein seit 1998 ihre Lizenzspielerabteilung als Kapitalgesellschaft ausgliedern, um zusätzliche Gelder, beispielsweise von Investoren, zu gewinnen. Eine Kapitalgesellschaft darf allerdings nur am Fußballbetrieb teilnehmen, wenn der Mutterverein weiterhin die Mehrheitsbeteiligung hat, also die Mehrheit der Stimmanteile hält, oder im Falle der Kommanditgesellschaft auf Aktien direkt oder indirekt die Stellung des Komplementärs innehat. Diese Regel, bekannt als 50+1-Regel, soll verhindern, dass Investoren anstelle des Vereins die Entscheidungsgewalt haben. In der Branche herrschen allerdings schon länger Zweifel daran, ob sie nicht eine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung darstellt.
Daher hatte die DFL selbst das Bundeskartellamt (BKartA) gebeten, die 50+1-Regel kartellrechtlich zu überprüfen. Das BKartA teilte ihr gestern seine vorläufige Einschätzung mit. Danach könnte die 50+1-Regel aufgrund der damit verfolgten sportpolitischen Ziele kartellrechtlich unbedenklich sein – wäre da nicht die derzeit praktizierte Ausnahmeregelung.
„Die vorläufige Einschätzung des Bundeskartellamts, die die 50+1 Regel wettbewerbsrechtlich grundsätzlich für zulässig erachtet, dürfte überraschend kommen“, so Dr. Markus J. Friedl, Experte für Unternehmensfinanzierung und Mitglied der Sportrechtsgruppe bei Pinsent Masons, der Kanzlei hinter Out-Law. „Denn obwohl das Bundeskartellamt in der Begrenzung der Liga-Teilnahme auf vereinsgeprägte Klubs eindeutig eine Wettbewerbsbeschränkung sieht, hält es das Ziel der DFL, durch den vereinsgeprägten Ligabetrieb für einen ausgeglichenen sportlichen Wettbewerb zu sorgen, für legitim. Ob dieses Ziel auch wirklich erreicht wird, lässt das Kartellamt allerdings offen.“
Insbesondere bewertet das BKartA als problematisch, dass die 50+1-Regel nicht einheitlich angewendet und durchgesetzt wird: Denn das Präsidium der DFL kann eine Ausnahme von der Regel unter anderem dann bewilligen, wenn ein Investor den Fußballsport des Muttervereins seit mehr als zwanzig Jahren ununterbrochen und erheblich gefördert hat. Drei Klubs der Bundesliga haben eine solche Förderausnahme erhalten: Bayer Leverkusen, die TSG Hoffenheim und der VfL Wolfsburg. Im Fall von Zweitligist Hannover 96 hatte das DFL-Präsidium eine solche Ausnahmegenehmigung 2018 abgelehnt.
Gerade diese Ausnahmeregelung sieht das BKartA kritisch, da sie – in ihrer jetzigen Ausgestaltung – die Ziele der 50+1-Regel, die Vereinsstruktur zu bewahren, den Vereinsmitgliedern Möglichkeit zur Teilhabe zu bieten und einen ausgeglichenen Wettbewerb der Vereine untereinander zu gewährleisten, untergrabe.
„In ihrer Grundform erscheint die 50+1-Regel geeignet und angemessen. In der Kombination mit der derzeitigen Förderausnahme haben wir daran hingegen Zweifel. Ausnahmen von der Grundregel sind grundsätzlich möglich. Solche Ausnahmen müssen eindeutig ausgestaltet sein, und sie dürfen nicht dazu führen, dass die eigenen sportpolitischen Zielsetzungen, die die DFL mit der 50+1-Regel verfolgt, konterkariert werden“, so Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes.
Dementsprechend geht das BKartA in seiner Stellungnahme davon aus, dass die Tatsache, dass einigen Klubs der 1. und 2. Bundesliga größere Möglichkeiten zur Einwerbung von Eigenkapital zur Verfügung stehen als anderen, wohl nicht zur Ausgeglichenheit des sportlichen Wettbewerbs beitrage, sondern ihn eher noch verzerre. Die DFL sowie die beteiligten Klubs und Investoren haben nun Gelegenheit, zu der vorläufigen Bewertung des Kartellamtes Stellung zu beziehen.
„Bei der Rechtfertigung der 50+1 Regel dreht sich somit nun alles um die Ausnahmeregelung: Mit dem klaren Hinweis, dass die Grundregel mit der geltenden Ausnahme als Wettbewerbsbeschränkung unverhältnismäßig ist, zwingt das Bundeskartellamt die DFL zum Handeln“, so Daniel Erd, Experte für Unternehmensfinanzierung und Mitglied der Sportrechtsgruppe bei Pinsent Masons. „Eine Abschaffung der Ausnahme dürfte nicht in Betracht kommen, da dies direkt Auswirkung auf drei Bundesligavereine hätte. Es bleibt daher abzuwarten, wie die DFL reagiert.“
Laut Süddeutscher Zeitung teilte die DFL mit, das Präsidium wolle sich zeitnah mit der Thematik befassen.
Out-Law Analysis
28 May 2020