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Bundeskabinett strebt niedrigere Mahngebühren bei Inkassoverfahren an


Laut einem Gesetzesentwurf sollen die Gebühren für das Eintreiben unbestrittener Geldforderungen gesenkt werden. Bei bestrittenen Forderungen können weiterhin die bislang üblichen Gebühren verlangt werden, so ein Experte. Inkasso-Unternehmen sollten ihre Arbeitsweise dem anpassen.

Das Bundeskabinett hat einen vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) vorgelegten Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht beschlossen. Es soll Verbraucher vor zu hohen und undurchsichtigen Inkassogebühren schützen, Unternehmen sollen zu mehr Transparenz bei Inkassoverfahren verpflichtet werden. Bevor das Gesetz in Kraft tritt, muss es erst noch von Bundestag und Bundesrat angenommen werden. Dabei kann es noch zu Änderungen kommen.  

 

Niedrigere Gebühren bei unbestrittenen Forderungen

Wird eine Geldforderung eingezogen, kann meist eine Geschäftsgebühr dafür verlangt werden. Diese Gebühr soll laut Gesetzesentwurf bei vom Schuldner nicht bestrittenen Forderungen gesenkt werden. Wenn die Forderung schon nach dem ersten Mahnschreiben beglichen wird, soll ein Satz von 0,5 gemäß Gebührentabelle gelten, bei weiteren Mahnschreiben ein Satz von 1,0. Derzeit wird laut BMJV häufig ein höherer Gebührensatz von 1,3 beziehungsweise 1,1 gefordert. 

„Es ist klarzustellen, dass die Gebühren zwar in Bezug auf unbestrittene Forderungen gesenkt werden, es aber in Bezug auf bestrittene Forderungen keine Änderungen geben wird“, so Phillipp Staudt, Experte für Finanzrecht bei Pinsent Masons, der Kanzlei hinter Out-Law. „Die Sorge, dass bestrittene Forderungen nicht mehr gleichsam effektiv eingetrieben werden können wie bisher, ist unberechtigt. Bei unbestrittenen Forderungen ist umso mehr eine effektive und schnelle Abwicklung wichtig, um die Forderungen wirtschaftlich sinnvoll einzutreiben. Andernfalls decken die vorgeschlagenen niedrigeren Gebühren wohlmöglich nicht die Kosten für das Eintreiben.“

Soll eine vom Schuldner bereits bestrittene Forderung verfolgt werden, so wird häufig eine umfangreichere Prüfung und Beratung erforderlich, weshalb es für diese Fälle ohne Einschränkung bei dem bisherigen Gebührensatzrahmen der Nummer 2300 VV der Gebührentabelle nach Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) von 0,5 bis 2,5 bleiben soll. Das gilt auch, wenn eine zunächst unbestrittene Forderung erst nach dem ersten Tätigwerden der Rechtsanwälte oder des Inkassodienstleisters bestritten wird.

Bei unbestrittenen Forderungen über 50 Euro bis zu 500 Euro, zu denen etwa 60 % aller Fälle gehören, können laut Gesetzesentwurf nur noch 27 Euro statt bisher durchschnittlich 59,40 Euro gefordert werden, wenn die Forderung nach dem ersten Mahnschreiben beglichen wird. Bei weiteren Mahnschreiben können 54 Euro gefordert werden. Für die Verbraucher soll sich daraus eine Entlastung von etwa 12,7 % ergeben.

Als weitere Erleichterung für Verbraucher soll eine Sonderregelung für Kleinforderungen bis zu 50 Euro eingeführt werden, die etwa 23 % aller Fälle ausmachen. In diesem Bereich könnten dann sogar nur noch 18 Euro verlangt werden, wenn die Forderung auf das erste Mahnschreiben begleichen wird. Andernfalls können 36 Euro gefordert werden. Das soll zu einer weiteren Entlastung um 7,7 % führen.  Diese Sonderregelung für Kleinstforderungen war in einem vorausgegangenen Entwurf von September 2019 noch nicht enthalten und wurde erst auf Kritik durch Verbraucherschutzverbände aufgenommen.

Auch die Einigungsgebühr, die für den Abschluss von Zahlungsvereinbarungen geltend gemacht werden kann, soll gesenkt werden. Zudem soll zukünftig ausgeschlossen sein, dass mehrere Unternehmen zugleich mit dem Mahnverfahren beauftragt werden und es so zu einer Verdoppelung der Kosten kommt.

Mehr Transparenz

Durch eine Hinweispflicht des Unternehmens, das eine Forderung eintreibt, soll Verbrauchern bereits im Vorhinein verdeutlicht werden, welche Inkassokosten bei Zahlungsverzug auf sie zukommen können. Das kann laut BMJV entweder schon beim Vertragsschluss oder spätestens bei einer Mahnung geschehen.

Außerdem müssen Verbraucher zukünftig laut Gesetzesentwurf vor dem Abschluss von Zahlungsvereinbarungen auf die dadurch entstehenden Kosten hingewiesen werden. Darüber hinaus müssen sie vor der Abgabe eines Schuldanerkenntnisses über die Rechtsfolgen eines solchen Schuldanerkenntnisses aufgeklärt werden.

Stärkung der Aufsicht

Inkassodienstleister sollen gegenüber Verbrauchern laut Gesetzesentwurf künftig die für sie zuständige Aufsichtsbehörde angeben. Aufsichtsbehörden sind, je nach Bundesland, die Amts-, Landes- oder Oberlandesgerichte. Sie sind auch für die Registrierung der Inkassodienstleister zuständig. Ihnen sollen klarere Regelungen für die Prüfung der Eignung und Zuverlässigkeit zu registrierender Personen an die Hand gegeben werden.

Kritik durch den Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen

Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) übt Kritik an dem Entwurf. Er belaste einseitig die Wirtschaft, mache Gläubigern den Einzug ihrer Forderungen in vielen Fällen wirtschaftlich unmöglich und vergesellschafte so die Kosten schlechter Zahlungsmoral.

Der Verband teilt mit, er rechne allein für die Branche mit Einnahmeeinbußen von rund 30 %. „Das ist komplett unverhältnismäßig. Das Gesetz wird dazu führen, dass deutlich mehr Gläubiger auf ihren berechtigten Zahlungsansprüchen sitzen bleiben. Dabei steht die Wirtschaft vor einem beispiellosen Konjunktureinbruch, zehntausende Unternehmen sind akut von Insolvenz bedroht. Notwendig wären liquiditätssichernde Maßnahmen, um über diese Krise zu kommen“, so Verbandspräsidentin Kirsten Pedd.

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