Die Betriebsratswahlen 2022 nahen mit großen Schritten heran, allerdings wird einiges anders ablaufen als noch vor vier Jahren: Das Betriebsrätemodernisierungsgesetz und eine auf dieser Grundlage novellierte Wahlordnung bringen neue Regeln mit sich, die berücksichtigt werden müssen.
Alle vier Jahre finden die Betriebsratswahlen statt. Vom 1. März bis 31. Mai 2022 dürfen wahlberechtigte Arbeitnehmer erneut ihre Stimme(n) zur Wahl des Betriebsrates abgeben. Das in 2021 in Kraft getretene Betriebsrätemodernisierungsgesetz sowie die neue Wahlordnung bringen allerdings zahlreiche Änderungen im Ablauf mit sich und stellen Arbeitgeber wie auch Betriebsräte vor Herausforderungen. Dabei müssen die Vorschriften genau eingehalten werden, da andernfalls die Anfechtbarkeit oder in Ausnahmefällen sogar die Nichtigkeit der Wahl droht.
Das Betriebsrätemodernisierungsgesetz vom 14. Juni 2021 wurde beschlossen, um die Gründung von Betriebsräten zu fördern und die Betriebsratswahlen zu vereinfachen. Daraus ergeben sich einige Erleichterungen im Wahlverfahren. So wurde die erforderliche Anzahl an Stützunterschriften für einen Wahlvorschlag reduziert: In Betrieben mit bis zu zwanzig Mitarbeitern sind keine Stützunterschriften mehr nötig. Aktiv wahlberechtigt ist nun grundsätzlich jeder Arbeitnehmer ab einem Alter von 16 Jahren.
Zudem wählen Betriebe mit bis zu 100 Arbeitnehmern nun nach dem vereinfachten Wahlverfahren. Zuvor war das nur in Betrieben mit bis zu 50 Arbeitnehmern möglich. Außerdem können Betriebe, die zwischen 101 und 200 Arbeitnehmer beschäftigen, das vereinfachte Verfahren nun auf Grundlage einer entsprechenden Vereinbarung zwischen Wahlvorstand und Arbeitgeber in Anspruch nehmen. Das vereinfachte Wahlverfahren zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass bestimmte Schritte gleichzeitig in einer Wahlversammlung durchgeführt werden. Außerdem beschleunigen die im vereinfachten Verfahren kürzeren Fristen die Wahl eines Betriebsrates.
Das Betriebsrätemodernisierungsgesetz schafft aber auch Rechtssicherheit und -frieden: So kann das Ergebnis einer Betriebsratswahl nicht mehr angefochten werden, wenn wegen Fehlern der Wählerliste nicht schon im Vorfeld Einspruch eingelegt und dem Wahlvorstad somit Gelegenheit zur Korrektur der Fehler gegeben wurde. Auch kann das Unternehmen selbst die Wahl nicht mehr anfechten, wenn es die Fehler in der Liste – beispielsweise durch die Herausgabe unvollständiger oder falscher Informationen an den Wahlvorstand – selbst verursacht hat.
Eine weitere bedeutende Änderung ist die Ausweitung des Kündigungsschutzes bei geplanter Betriebsratsgründung: So sind nun nicht nur drei, sondern sechs Beschäftigte gegen ordentliche Kündigungen besonders geschützt, wenn sie zur Wahl eines Betriebsrates einladen. Der Kündigungsschutz gilt auch im Vorfeld der Einladung, sofern die Beschäftigten ihre Absicht, einen Betriebsrat zu gründen, in einer notariell beglaubigten Erklärung dokumentieren und entsprechende Vorbereitungen treffen. Der Kündigungsschutz gilt allerdings nicht für außerordentliche Kündigungen und zudem nur, bis das Wahlergebnis verkündet wurde. Kommt es nicht zur Wahl, gilt der Kündigungsschutz für drei Monate ab der Einladung.
Ferner können Betriebsräte dank des neuen Gesetzes ihre Aufgaben auch über die Corona-Pandemie hinaus digital erfüllen. So können Betriebsräte nun frei entscheiden, ob sie in Präsenz oder lieber via Telefon- oder Videokonferenz tagen und ihre Beschlüsse fassen möchten. Wenn ein Viertel der Betriebsratsmitglieder einer virtuellen Tagung widerspricht, muss jedoch eine Präsenzsitzung stattfinden.
Mit der Verordnung zur Änderung der Wahlordnung hat der Gesetzgeber die Wahlordnung an das neue Betriebsratsmodernisierungsgesetz angepasst und einige zusätzliche Neuerungen eingeführt. So darf nun auch der Wahlvorstand Sitzungen virtuell abhalten und per Video- oder Telefonkonferenz Beschlüsse fassen, sofern diese nicht die Prüfung und Ordnung von Vorschlagslisten zum Gegenstand haben. Beim zweistufigen vereinfachten Wahlverfahren sind sämtliche Aufgaben in Präsenz zu erledigen, die während der ersten Wahlversammlung anfallen.
Auch in Bezug auf das Wahlausschreiben gibt es Neuerungen: Früher musste der Wahlvorstand im Wahlausschreiben auf die Frist hinweisen, innerhalb derer gegen die Richtigkeit der Wählerliste Einspruch eingelegt werden kann. Nun muss er zudem auch darauf hinweisen, was für rechtliche Folgen es hat, wenn diese Frist schuldhaft versäumt wird. Denn nunmehr kann eine Wahl nicht mehr wegen Fehlern in der Wählerliste angefochten werden, wenn nicht zuvor ein entsprechender ordnungsgemäßer Einspruch eingelegt wurde.
Darüber hinaus kann der Wahlvorstand nun auch noch am Wahltag selbst und sogar noch während der Wahl Änderungen an der Wählerliste vornehmen – dies ist bis zum Schluss der Stimmabgabe möglich. So können bis zuletzt Fehler korrigiert werden und auch erst kurz vor der Wahl eingestellte Mitarbeiter noch an der Wahl teilnehmen.
Eine weitere Neuerung trägt vor allem dem Umweltschutz Rechnung: Bei der Präsenzwahl wird ab sofort ohne Wahlumschläge gewählt. Dies soll das Auszählen der Stimmen erleichtern und zudem unnötigen Abfall vermeiden. Damit die Wahl dennoch geheim ist, müssen die Stimmzettel so gefaltet werden, dass niemand von außen die Wahlentscheidung erkennen kann.
Die Briefwahl erfolgt selbstverständlich weiterhin mit Umschlag. Der Wahlvorstand darf Mitarbeitern, von denen er Kenntnis hat, dass diese im Wahlzeitpunkt voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden – beispielsweise aufgrund von Elternzeit, Krankheit oder Home-Office – nun auch unaufgefordert Briefwahlunterlagen zusenden. Ebenfalls neu ist, dass die per Briefwahl abgegebenen Stimmen nun nicht mehr vor Abschluss der Präsenzwahl geöffnet und ausgezählt werden dürfen. Stattdessen muss mit der Auszählung gewartet werden, bis auch der Präsenz-Wahlgang abgeschlossen ist.
Co-Autorin: Carolin Kaiser von Pinsent Masons