Out-Law Analysis Lesedauer: 3 Min.
19 Aug 2024, 9:50 am
Ab dem 30. Dezember 2024 müssen Unternehmen, die in der EU tätig sind, die Anforderungen der Deforestation Regulation erfüllen, sofern sie mit Produkten aus den von der Verordnung erfassten Rohstoffen handeln. Kommen sie den neuen Pflichten nicht nach, drohen Geldbußen und Reputationsschäden.
Die EU-Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten (Deforestation Regulation) ist seit dem 29. Juni 2023 in Kraft. Sie soll die Auswirkungen des EU-Marktes auf das Waldsterben und den damit einhergehenden Verlust der Artenvielfalt begrenzen. Durch sie sollen der Klimaschutz gestärkt und die Rechte indigener Völker geschützt werden.
Die Deforestation Regulation ist nur eines von mehreren neuen Gesetzen, die Unternehmen in Zukunft dazu verpflichten werden, ihre Lieferketten strenger auf Umweltschäden und Menschenrechtsverletzungen zu prüfen – wie beispielsweise auch die EU-Richtlinie über die unternehmerische Sorgfaltspflicht im Bereich der Nachhaltigkeit oder das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.
Für Unternehmen, die in der EU operieren und mit einem oder mehreren der sieben von der Verordnung erfassten Rohstoffe handeln, bedeutet dies, dass sie künftig nachweisen müssen, dass ihre Produkte – und häufig auch Produktverpackungen – nicht aus kürzlich abgeholzten Gebieten stammen oder zur Waldschädigung beitragen.
Die von der Verordnung erfassten Rohstoffe sind Vieh, Kakao, Kaffee, Ölpalmen, Kautschuk, Soja und Holz sowie alle daraus gewonnenen Produkte, also beispielsweise Schokolade, Leder oder Papier.
Die Verordnung betrifft sowohl große Unternehmen als auch Kleine und mittlere Unternehmen (KMU), wobei letztere bis zum 30. Juni 2025 haben, um die neuen Vorschriften zu berücksichtigen. Die neuen Regeln gelten sowohl für Produzenten als auch für Händler.
Relevante Rohstoffe und daraus hergestellte Produkte dürfen nur in den EU-Markt importiert, dort vermarktet oder ins Nicht-EU-Ausland exportiert werden, wenn:
Bevor sie ein einschlägiges Produkt oder eine Ware auf den Markt bringen, vermarkten oder ausführen, müssen Unternehmen den zuständigen Behörden die entsprechende Due-Diligence-Erklärung über ein dafür vorgesehenes Register zur Verfügung stellen. Das Register wird die EU-Kommission in den kommenden Monaten noch einrichten.
Die Verordnung gibt auch vor, wie die Due-Diligence-Erklärung erfolgen muss, und unterscheidet hierbei zwischen Produkten aus Hoch-Risiko-Ländern und Ländern mit geringem Risiko, wobei Produkte aus Hoch-Risiko-Ländern einer umfangreichere Due-Diligence-Erklärung bedürfen.
Zudem müssen Unternehmen jedes Jahr öffentlich über ihr Due-Diligence-System Bericht erstatten und alle Unterlagen im Zusammenhang mit der Sorgfaltspflichtregelung mindestens fünf Jahre lang aufbewahren.
Eine Ausnahme gibt es allerdings: KMU-Händler sind nicht dazu verpflichtet, selbst Due-Diligence-Erklärungen abzugeben. Sie dürfen sich auf die Erklärung ihrer Lieferanten verlassen.
Verstöße gegen die Verordnung können Geldbußen in Höhe von vier Prozent des Jahresumsatzes des Unternehmens nach sich ziehen, sowie die Beschlagnahmung der betroffenen Produkte oder der daraus erzielten Einnahmen. Zudem haben Dritte die Möglichkeit, Meldung zu machen, wenn sie Grund zur Annahme haben, dass ein Unternehmen gegen die Verordnung verstößt. Auch wird die EU-Kommission auf ihrer Website die Namen der Unternehmen veröffentlichen, die gegen die Vorschriften der Verordnung verstoßen haben. Es ist also mit massiven Umsatz- und Rufschäden zu rechnen.
Unternehmen sollten unbedingt überprüfen lassen, ob verwendete Produkte, die in den Verkehr gebracht werden sollen, unter den Anwendungsbereich der Verordnung fallen. Dies wird vor allem für die Lebensmittel- und Pharmaindustrie von großer Relevanz sein, kann aber auch andere Sektoren betreffen, da eine weite Bandbreite an Produkten betroffen ist und über die Verweise in der Verordnung beispielsweise auch bestimmte Papier- und Kartonagenprodukte der Verordnung unterfallen.
Insgesamt bedarf es daher einer sorgfältigen juristischen Überprüfung, um festzustellen, ob die Verordnung auf das Unternehmen Anwendung findet, welche weiteren Maßnahmen erforderlich sind und wie dies gegebenenfalls die weitere Beschaffung von Waren beeinflussen wird.
Sofern die Verordnung Anwendung findet, sollten Unternehmen ihrerseits rechtliche Erklärungen von ihren Zulieferern einfordern, um selbst gegenüber den Behörden die erforderlichen Erklärungen über die Einhaltung der Sorgfaltspflichten abgeben zu können. Der genaue Inhalt bedarf dabei der sorgfältigen rechtlichen Überprüfung, um verbindlich zu sein.
Diese Überprüfung und das entsprechende rechtliche Handeln sollte dabei schnellstmöglich erfolgen, da die Verordnung bereits in Kraft ist, für die meisten relevanten Verbotsnormen jedoch noch eine Übergangsfrist gilt, die am 30. Dezember 2024 endet. Besonders heikel: Unternehmen müssen ab dem 30. Dezember 2024 rückwirkend für die Jahre 2021, 2022, 2023 und 2024 Nachweise für die Entwaldungsfreiheit ihrer Rohstoffe erbringen. Sie sollten also schnellstmöglich mit ihrer Due Diligence beginnen.
Für Unternehmen bedeutet die Umsetzung der Verordnung einen deutlichen Mehraufwand und die sorgfältige rechtliche Überprüfung ihrer Prozesse. Gerade bei längeren Beschaffungsketten kann die Nachvollziehbarkeit schwierig sein, sodass hier eine ausreichende Absicherung durch die Einholung von Erklärungen erfolgen sollte, da andernfalls empfindliche Strafen drohen können.