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Novelle des Windenergie-auf-See-Gesetzes mit gravierenden Änderungen verabschiedet


Der Bundestag hat die Novelle des Windenergie-auf-See-Gesetzes angenommen – allerdings ohne das ursprünglich vorgesehene Förderinstrumentarium „Contracts for Difference“.

Am Donnerstag hat der Bundestag, noch vor der parlamentarischen Sommerpause, die zweite Novelle des Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG) beschlossen. Entgegen dem ersten Gesetzesentwurf sind sogenannte „Contracts for Difference“ (CfDs) jedoch nicht Teil des neuen Gesetzes geworden. Neu eingefügt wurden indes Zuschlagskriterien, welche vor allem darauf abzielen, die europäische Produktionsbranche zu schützen.

CfDs wären eine gute Möglichkeit gewesen, um in Zeiten geopolitischer Unwägbarkeiten die Investitionssicherheit zu verbessern

Durch die Novellierung des WindSeeG soll der Ausbau der Offshore Windenergie beschleunigt werden. Angelegt wurde diese Novellierung bereits im sogenannten „Osterpaket“ der Bundesregierung; hier wurde bereits ein Zubau der installierten Leistung von Offshore-Windenergie-Anlagen bis zum Jahr 2030 auf mindestens 30 Gigawatt sowie mindestens 40 Gigawatt bis zum Jahr 2035 vorgesehen. Bis zum Jahr 2045 sollen schließlich mindestens 70 Gigawatt installiert sein.

CfDs auf Drängen der FDP gestrichen

In der nun beschlossenen Novelle ist die Möglichkeit, zentral voruntersuchte Flächen über CfDs auszuschreiben, nicht mehr enthalten. Dabei wären sie ein guter Weg gewesen, um in Zeiten geopolitischer Unwägbarkeiten die Investitionssicherheit zu verbessern. Medienberichten zufolge erfolgte die Änderung auf Drängen der Freien Demokratischen Partei (FDP). Sie sieht in CfDs „ein staatlich-privates Preiskartell zulasten von Wettbewerb und Marktintegration“.

CfDs mildern das mit Preisschwankungen verbundene Risiko ab, indem sie die Vergütung zu einem vorher vereinbarten „Strike Price“ gewährleisten. Bleibt der durch den Windparkbetreiber am Markt erzielte Strompreis hinter dem vereinbarten Strike Price zurück, gleicht der Staat die Differenz aus. Liegt der erzielte Strompreis über dem Strike Price, so bezahlt der Betreiber den Überschuss an den Staat zurück. Ein Mehrgewinn oder „Übergewinn“ ist dadurch ausgeschlossen.

Ausnahme für Industriestromverträge geplant

Allerdings können durch eine in der Novelle vorgesehene Verordnungsermächtigung zumindest Industriestrompreise mittels CfDs gesichert werden: Durch eine entsprechende Verordnung – die aber noch erlassen werden muss – könnten Betreiber langfristige Stromverträge mit Industrieabnehmern zu einem Festpreis abschließen, wobei der Preis in einer wettbewerblichen Ausschreibung ermittelt würde. Ist der künftige Marktwert des Stroms niedriger als der vertraglich zugesicherte Wert, wird die Differenz vom Staat an den Betreiber ausbezahlt. Sollte der Strompreis höher sein, müsste der Betreiber den Überschuss an den Staat ausschütten.

Zweite Gebotskomponente bleibt bestehen

Da CfDs nun aus dem Gesetz gestrichen wurden, bleibt es bei der sogenannten „zweiten Gebotskomponente“, welche bereits im derzeit geltenden WindSeeG vorgesehen ist. Dabei handelt es sich um eine Art „Eintrittsgeld“, das bietende Betreiber an den Staat zahlen, um den Zuschlag für eine Fläche zu erhalten. Die zweite Gebotskomponente wird aufgerufen, wenn – wie bereits üblich – die Bieter in der ersten Gebotskomponente auf staatliche Förderung zur Gänze verzichten und den Windpark ohne staatliche Subvention in Form von Einspeisevergütung realisieren wollen (Null-Cent-Gebote).

Durch das Festhalten an der zweiten Gebotskomponente kommt nun weiterer, künstlich erzeugter Preisdruck auf die Bieter zu

Dekarbonisierung wird zum Zuschlags-Kriterium

Mit der Novelle ändern sich aber auch die qualitativen Zuschlagskriterien für Offshore- Windparks. So wird erstmals ein „Beitrag zur Dekarbonisierung des Ausbaus der Windenergie auf See“ gefordert. Dieser Beitrag bemisst sich am Einsatz von ungefördertem Ökostrom oder grünem Wasserstoff im gesamten Herstellungsprozess. Außerdem ist ein „Beitrag zur Fachkräftesicherung“ vorgesehen, womit vor allem das Verhältnis von Auszubildenden und ungelernten Arbeitskräften zu sozialversicherungspflichtig Beschäftigten gemeint ist. Erfasst werden nicht nur der Bieter, sondern auch alle verbundenen Unternehmen sowie Subunternehmen.

Beide Kriterien zielen darauf ab, den heimischen Markt im Wettbewerb gegen außereuropäische Konkurrenz – vornehmlich aus China – zu schützen. Die europäische Industrie soll so abgesichert werden, und neue Jobs sollen entstehen. Um diese beiden, insbesondere auch auf die Wertschöpfung abzielenden Kriterien in das Gesetz aufzunehmen, hatten SPD und Grüne lange mit der FDP gerungen. Die nun gefundenen Regelungen gelten als Kompromiss, da SPD und Grüne eigentlich an CfDs festhalten wollten.

BNetzA und BMWK können außereuropäische Bieter ausschließen

Die protektive Stoßrichtung der Gesetzesnovelle gegenüber dem heimischen Markt wird auch noch an anderer Stelle deutlich: So kann die Bundesnetzagentur (BNetzA), die für die Ausschreibung zuständige Stelle, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) Bieter vom Zuschlagsverfahren ausschließen, wenn der Bieter oder seine Gesellschafter „außereuropäisch“ im Sinne des Außenwirtschaftsgesetz sind, und ein Zuschlag oder der spätere Betrieb der Anlage die öffentliche Ordnung oder die Sicherheit Deutschlands voraussichtlich beeinträchtigen würde.

Hintergrund dieser Regelung ist die kontrovers geführte Debatte über eine Offshore-Netzanbindungsplattform, für die zwei Tochterunternehmen eines chinesischen Staatskonzerns die Elektro- und Computertechnik liefern. Kritiker befürchten, die Plattform könnte besonders leicht überwacht, absichtlich überlastet oder abgeschalten werden, da sie nicht unter das IT-Sicherheitsgesetz fällt und die in ihr verwendeten kritischen Komponenten daher nicht die nötigen Sicherheitsstandards erfüllen.

Im Übrigen orientiert sich die nun beschlossene Novelle an dem Gesetzesentwurf aus dem Osterpaket im April. Wesentlichen Neuerungen sind:

  • Bei zentral voruntersuchten Flächen entfällt das Planfeststellungsverfahren und wird durch ein zügigeres Plangenehmigungsverfahren ersetzt.
  • Vorgaben zur Dauer von Verfahren zur Planfeststellung und Plangenehmigung werden erlassen.
  • Umweltprüfungen und Beteiligungsrechte werden stärker gebündelt.
  • Die Fachaufsicht über das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie wird für alle Aufgaben im Zusammenhang mit dem WindSeeG beim BMWK gebündelt.
  • Die Offshore-Netzanbindung kann künftig direkt nach Aufnahme der Fläche in den Flächenentwicklungsplan vergeben werden und beschleunigt die Auftragsvergabe um mehrere Jahre.
  • Auch kleinere Flächen für Anlagen ab 500 MW Leistung können ausgeschrieben werden.

Beihilferechtliche Genehmigung steht noch aus

Das novellierte WindSeeG soll nun so bald wie möglich in Kraft treten. Allerdings muss neben dem ordnungsgemäßen parlamentarischen Verfahren auch noch beihilferechtlich „grünes Licht“ gegeben werden: Noch vor der ersten Ausschreibung unter dem neuen WindSeeG muss die EU-Kommission das Gesetz beihilferechtlich prüfen, dies ist für ist für die zweite Jahreshälfte vorgesehen. Da ohne die gesetzlichen Anpassungen die Offshore-Ausbauziele nicht erreicht werden können, muss zudem der Flächenentwicklungsplan bis spätestens Ende des Jahres fortgeschrieben werden.

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