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Gesetzgeber plant Reform für Erfolgshonorare und Prozessfinanzierung


Ein Gesetzesentwurf soll einen kohärenten Rechtsrahmen für Rechtsanwälte, Inkassodienstleister und Legal-Tech-Unternehmen schaffen und für mehr Verbraucherschutz sorgen.

Der kürzlich veröffentlichte Referentenentwurf eines Gesetzes zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt sieht vor, dass Rechtsanwälte in Zukunft ein Erfolgshonorar bei einem Gegenstandswert von bis zu 2.000 Euro und bei außergerichtlichen Inkassodienstleistungen vereinbaren können – bisher ist ihnen das nur in besonderen Fällen erlaubt –  und zudem die Prozesskosten ihrer Mandanten übernehmen dürfen. Letzteres ist ihnen derzeit noch vollständig untersagt.

 

Durch die Reform sollen Rechtsanwälte im Bereich der außergerichtlichen Forderungseinziehung den Inkassodienstleistern gleichgestellt werden: Dieses Gebiet wird aktuell vor allem von sogenannten Legal-Tech-Unternehmen dominiert, die als Inkassounternehmen registriert sind und daher nicht unter die Gebührenordnung für Rechtsanwälte fallen.

Im sogenannten Abtretungsmodell treten Einzelpersonen gleichgerichtete Rechtsansprüche an Inkassodienstleister ab. Die Inkassodienstleister machen die Ansprüche außergerichtlich und gerichtlich – teilweise gebündelt – geltend. Meist übernehmen die Inkassodienstleister die Prozesskostenfinanzierung und erhalten als Gegenleistung ein Erfolgshonorar. Sie nutzen moderne Technologie, um gleich oder ähnlich gelagerte Fälle gebündelt und somit zeit- und kosteneffizient zu bearbeiten, beispielsweise wenn es um die Entschädigung von Bahn- oder Fluggästen geht oder um die Rechte von Mietern, die mit möglicherweise unzulässigen Mietforderungen konfrontiert sind. Dieses Vorgehen ist für Verbraucher besonders attraktiv, wenn der Schaden für den Einzelnen so gering ist, dass er die Kosten eines einzeln angestrengten Verfahrens scheut.

Das neue Gesetz würde es Kanzleien ermöglichen, ihr Angebotsspektrum zu erweitern und sich im Bereich der Anspruchsabtretung bei Sammelklagen breiter aufzustellen. Das geplante Gesetz erlaubt es Rechtsanwälten ebenso wie Legal-Tech-Unternehmen, den Prozess für ihre Mandanten zu finanzieren und ein Erfolgshonorar zu vereinbaren.    

Zugleich sieht der Referentenentwurf neue Aufklärungspflichten vor, um Transparenz und Verständlichkeit der Geschäftsmodelle zu stärken. Zwar hatte der Bundesgerichtshof (BGH) im November 2019 in einer Grundsatzentscheidung die generelle Rechtmäßigkeit des Geschäftsmodells von Legal-Tech-Unternehmen anerkannt, jedoch mit dem Vorbehalt, dass eine Einzelfallanalyse des jeweiligen Geschäftsmodells erforderlich ist.

Dementsprechend wurden in der Vergangenheit immer wieder nach dem Abtretungsmodell geführte Sammelklagen abgewiesen, da Gerichte beispielsweise zu dem Schluss kamen, dass die Abtretungsvereinbarungen der Inkassodienstleister Kunden benachteiligen.

So hatte das Landgericht Hannover über eine Schadenersatzklage im Zusammenhang mit dem „Zuckerkartell“ zu urteilen, die von einer Stiftung als Abtretungsempfängerin von Schadenersatzansprüchen mehrerer Konzerneinheiten eingereicht wurde. Das Gericht wies die Klage ab und entschied, dass die Abtretungen nichtig seien, da der Abtretungsempfänger nicht das volle wirtschaftliche Risiko übernommen habe. Auch hatte die Stiftung nie versucht, eine außergerichtliche Einigung zu erreichen, was der Hauptzweck eines Schuldeneintreibers sein sollte.

Das Landgericht Braunschweig entschied im April, dass ein Konzept, das eine traditionelle Inkassodienstleistung mit einer Drittfinanzierung kombiniert, unzulässig ist, wenn die Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Rechtsberatung erbracht werden, in der der Inkassodienstleister nicht qualifiziert und zugelassen ist.

In Anlehnung an diese Fälle sieht der Referentenentwurf nun vor, dass Inkassounternehmen ihre Kunden bei Vereinbarung eines Erfolgshonorars auf andere Möglichkeiten hinweisen müssen, mittels derer sie ihre Forderungen durchsetzen können. Auch sollen sie Kunden in Zukunft über die Kostenrisiken aufklären und sie darüber informieren, warum der Auftrag für das Inkassounternehmen lukrativ ist. Zudem sollen Inkassounternehmen strenger kontrolliert werden: Schon bei ihrer Registrierung soll überprüft werden, ob ihr Geschäftsmodell mit den gesetzlichen Regeln für Inkassodienstleister vereinbar ist. 

Im Ergebnis soll somit der Verbraucherschutz gestärkt werden, indem es für Verbraucher sicherer und transparenter wird, ihre Rechte bei Massenschadensereignissen – vertreten durch Rechtsanwälte und Rechtsdienstleister – wahrzunehmen.

Der Referentenentwurf löst somit einige, aber nicht alle Fragen: Das Landgericht München I wies eine Klage im Zusammenhang mit dem Lkw-Kartell aufgrund widerstreitender Interessen des Inkassodienstleisters insbesondere im Lichte von Vergleichshandlungen ab. Wer aussichtsreiche Ansprüche abtritt, sei durch die Bündelung mit weniger erfolgversprechenden Fällen benachteiligt, dies führe zu Interessenkonflikten bei demjenigen, an den die Forderungen abgetreten wurden. Die Bewertung und Auflösung solcher Interessenkonflikte wird den Gesetzgeber und die Gerichte auch künftig beschäftigen. 

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